Zerfasert, unkonzentriert, kopflos, zutiefst beunruhigt fühle ich mich – und muss damit leider nahtlos an den Blogbeitrag von Claudia Schmidt vom 14. Februar anschließen. Tatsächlich bin ich auch gesundheitlich angeschlagen, aber das Gefühl der großen Unruhe, der tiefen Beunruhigung hat nichts mit meinen Nebenhöhlen zu tun. Denn der Einbruch von Gewalt, von kriegerischer Aggression, dem so viele Menschen jetzt ausgesetzt sind und der sich so lange angekündigt hat, trifft mich ins Mark. Meine Gedanken sind bei all denen, die ganz real dieser Bedrohung ausgeliefert sind, die Kälte, Dunkelheit, Panik erfahren, die etwa den verzweifelten Versuch unternehmen, Kiew zu verlassen: Menschen, die Todesangst spüren. Familien mit Neugeborenen machen sich auf die Flucht, Hochbetagte, die ihre Wohnung eigentlich nicht verlassen können und wollen.

Kriegerische Aggression ist Grauen. Menschen leiden. Menschen sterben. Die Wahrheit stirbt: Bertha von Suttner erkannte die „Feinde der Menschheit, die da sind: Rohheit und Lüge.“

Was können wir tun gegen „Rohheit und Lüge“? Wir können die Aufmerksamkeit auf die Betroffenen, auf die Opfer lenken. Und wir können dazu beitragen, die Demokratie und unsere eigene Zivilgesellschaft zu stärken. Denn dieser kriegerische Angriff macht einmal mehr deutlich: Der Wunsch nach einem Rückzug ins Private, ins scheinbar Geschützte und Kleinteilige ist zwar verständlich – doch vor allem ist er eine gefährliche Illusion!

Ich schaue mit großer Bewunderung auf Frauenbundfrauen, die sich, wie etwa Klara Siebert aus Baden (1873 – 1963), auch gegen massive Widerstände für den Frieden stark gemacht haben. Oder ich denke an Ellen Ammann, die die Gefährlichkeit Hitlers früher als viele Männer im bayerischen Landtag erkannte und 1923 entscheidend zur Niederschlagung des Hitlerputschs beigetragen hat. Zugegeben: nicht jede ist zur Heldin geboren, nicht jeder hat diese Kraft. Was wir aber von diesen frühen Frauenbundfrauen lernen können: Nur eine starke und vielfältige Zivilgesellschaft, nur eine starke Demokratie können „Lüge und Rohheit“ eindämmen.

Mir macht der Triumph der Gewalt Angst. Doch dabei möchte ich nicht stehenbleiben. Ich werde nicht müde, genau diese Dimension eines starken Frauen-Bundes, unseres Frauenbundes zu betonen: Nur in einem starken Bund, der zugleich eine echte Schule der Demokratie ist, können wir unsere Stimmen vernehmbar machen. Entziehen wir uns nicht den Anforderungen unserer Gegenwart, stärken wir uns gegenseitig, erinnern wir uns gemeinsam – und gestalten wir zusammen Zukunft.

*Bertha von Suttner (eigentlich Baroness Bertha Sophie Felicitas von, österreichische Schriftstellerin und Pazifistin; Friedensnobelpreis 1905; 1843–1914)