„Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Aufgabe.“ – Dieser Satz stammt von der vor 74 Jahren verstorbenen Marie Zettler und ist angesichts der momentanen politischen Lage aktueller denn je.

Die Historikerin Bianca Walther, die auf Instagram den sehr erfolgreichen Kanal @frauenvondamals betreibt, war Ende Januar auf einer Demonstration gegen Rechtsextremismus in Berlin und hat das starke Zitat von Marie Zettler als Demoschild gewählt.

Wahrscheinlich wissen nur wenige von Ihnen, dass Marie Zettler neben Ellen Ammann eine der bedeutendsten Frauen war, die den KDFB-Landesverband Bayern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts über Jahrzehnte maßgeblich geprägt haben.

Marie Zettler wurde am 13. November 1885 in Mering bei Augsburg als Tochter eines Tonwarenfabrikanten geboren. Von 1912 bis zu ihrem Tod war sie hauptamtliche Landessekretärin in der Geschäftsstelle des KDFB Landesverband Bayern. In dieser Position erwies sie sich als Glücksfall für den Landesverband.

Neben ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit im KDFB war Marie Zettler auch politisch aktiv. Nach der Einführung des aktiven und passiven Frauenwahlrechtes in Deutschland im November 1918 kandidierte sie am 19. Januar 1919 für die verfassungsgebende Nationalversammlung. Bis Mai 1920 war sie Abgeordnete der verfassungsgebenden Nationalversammlung in Weimar und Berlin. Bei den Reichstagswahlen 1920 kandidierte sie nicht mehr, sondern widmete sich wieder ganz ihren Aufgaben im KDFB Landesverband Bayern.

Als Landessekretärin des KDFB war Marie Zettler eine der engsten Mitarbeiterinnen von Ellen Ammann. Bis kurz vor ihrem Tod leitete sie die Landesgeschäftsstelle. Darüber hinaus war die gläubige Katholikin Redakteurin der damaligen Mitgliederzeitschrift des KDFB-Landesverband Bayern, die unter dem Titel „Bayerisches Frauenland“ erschien.

Den Satz „Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Aufgabe“ schrieb sie 1929 in einem Artikel in der Zeitschrift „Die christliche Frau“ im Rückblick auf die Anfänge der Weimarer Republik.

Anfang der 2000er Jahre recherchierte Johann Weber aus Mering im Archiv des KDFB Landesverband Bayern über Marie Zettler. Entstanden ist daraus das Buch „Maria Zettler – ein Leben für den Katholischen Frauenbund“ (2004).

Man hat tatsächlich den Eindruck, dass Marie Zettler ihre ganze Kraft und Lebensenergie in den Dienst des KDFB gestellt hat. Ihre Gesundheit litt sehr unter der anstrengenden und kräftezehrenden Arbeit für den KDFB, vor allem in den Kriegs- und Nachkriegsjahren.

Nachdem ihre Münchner Wohnung ausgebombt worden war, zog Marie Zettler 1944 in ihren Geburtsort Mering zurück und pendelte bis kurz vor ihrem Tod zur Landesgeschäftsstelle nach München.

Der „Meringer Anzeiger“ schrieb über die letzten Jahre ihres Wirkens: „Die letzten Jahre, die so viel Leid über unser Volk gebracht haben, gaben ihr ein reiches Betätigungsfeld, ihre echte christliche Liebe den Ärmsten und vom Schicksal am härtesten Getroffenen zuzuwenden. So widmete sie sich in letzter Zeit der Not der Flüchtlings-Frauen und Mädchen, zu deren Linderung sie Wesentliches beitragen konnte.“

Marie Zettler erlag am 5. Februar 1950 einer schweren Krankheit und wurde in ihrem Geburtsort Mering beigesetzt.

Helene Weber bezeichnete Marie Zettler in einem Nachruf als „Seele der katholischen Frauenbewegung in Bayern … Es lag der Zauber der Stille über ihrem Wesen, die Liebe zur Einsamkeit und zur Betrachtung.“

„Eine starke Frau lebt in unserem Bewusstsein weiter“ – dieser Satz steht auf dem Umschlag der Biografie über Marie Zettler von Johann Weber. Es bleibt zu hoffen, dass viele Menschen innerhalb und außerhalb des KDFB vom Leben und Wirken dieser beeindruckenden Persönlichkeit erfahren.

Gerlinde Wosgien ist promovierte Germanistin, seit 1999 Referentin beim KDFB Landesverband Bayern, zweifache Mutter und Wahlmünchnerin.