Heute ist Faschingsdienstag. Während ich aufstehe, gehen meine Gedanken bereits zum Krieg in der Ukraine. Ich bekomme ihn nicht aus dem Kopf, nicht beim Einschlafen und nicht beim Aufwachen.

Gleich nach dem Duschen schaue ich in den Nachrichten-Ticker. Das ist traurige Routine geworden seit dem letzten Donnerstag, als die russischen Angriffe auf die Ukraine begannen. Heute lese ich von einem 64 km–langen Panzerkonvoi, der auf Kiew zufährt. Es schaudert mich, und ich fühle Furcht, welche Entwicklungen der heutige Tag mit sich bringen wird.

Beim Frühstück lese ich die Nachrichten in der Zeitung: die vielen Meldungen über Luftangriffe, Kämpfe, brachiale Zerstörung. Wie viele Menschen auf beiden Seiten müssen sinnlos sterben? Wie viele Lebensmöglichkeiten gehen kaputt? Was gräbt sich in die Seelen der tapferen Ukrainer*innen, die so mutig ihr Land verteidigen?

Daneben lese ich von all den Sanktionen und Aufrüstungsplänen, die von allen Seiten der Welt eintrudeln. Solidarität wird darin sichtbar, aber auch Hilflosigkeit. Ich bin froh um alle, die in unserem Land in diesen schwierigen Tagen politische Verantwortung übernehmen. Die Tag und Nacht alles in Bewegung setzen, was die gegenwärtige Lage erfordert. Dennoch wird mir fast schwindlig angesichts der vielen Milliarden Euro, mit denen nun jongliert wird. Ob all diese Maßnahmen helfen? Ob mit all diesem Druck der Friede näher kommt? Keine*r weiß es. Alles scheint zu entgleiten, weil ein einziger Diktator der Welt seinen Plan diktiert.

Irgendwann lege ich die Zeitung zur Seite. Meine Aufnahmefähigkeit ist begrenzt. Manchmal möchte ich einfach nichts mehr lesen oder hören. Ich laufe zum Bahnhof, um ins Büro zu fahren. Bei klirrend-kaltem Sonnenwettter denke ich wehmütig an frühere Faschingsdienstage, an denen die größte Herausforderung war, einen Kinderfasching der Kirchengemeinde auf die Beine zu stellen. Wir waren ein kleines Team und gaben alles, um die kleinen Prinzessinnen, Pippi Langstrumpfs, Cowboys und Piraten in eine ausgelassene Stimmung zu bringen. In diesem Jahr jedoch hat der Faschingsdienstag keinen Charme. Stattdessen blicke ich in der Bahn in müde, leere Gesichter. Wir hatten schon genug von Corona. Jetzt dieser Krieg. Es ist schwer die Kraft aufzubringen, um die vielen Emotionen in Schach zu halten.

Ich überlege, was mir hilft, um nicht nur trüben Gedanken nachzuhängen. Und ich merke, dass es für mich wichtig ist, meine Handlungsmöglichkeiten anzuschauen. Ich kann sicherlich keinen Krieg aufhalten. Aber ich kann ganz kleine Dinge beitragen, die vielleicht hilfreich sind in der gegenwärtigen Lage.

Ich kann mich informieren und versuchen, die Lage möglichst wirklichkeitsnah einzuschätzen. Weder Panik zu schüren noch zu verharmlosen.
Ich kann mit anderen über meine Gefühle reden. Die eigenen Eindrücke und Sorgen zu teilen, kann uns allen helfen.
Ich kann meinen Sohn fragen, wie er die Entwicklungen empfindet. Für Kinder und Jugendliche ist nach zwei Jahren Ausnahmezustand durch Corona kaum noch Spielraum für neue Schreckensnachrichten. Ich möchte noch genauer hinhören, wie es ihm geht.
Ich kann Geld an Hilfsorganisationen spenden, damit diese möglichst effektiv die Unterstützung dahin bringen, wo sie gebraucht wird.
Ich kann an einem Friedensgebet teilnehmen oder auf eine Demonstration gehen, um meine Solidarität mit dem ukrainischen Volk zu zeigen.
Ich kann in meinem Umfeld dafür werben, dass wir die Flüchtenden willkommen heißen in unserem Land, ohne Wenn und Aber. Ich kann dafür einstehen, dass wir als Gesellschaft die tiefen Einschnitte mittragen, die wirtschaftlich auf uns zukommen.

Das alles ist nicht viel. Aber es ist das, was ich einbringen kann. Daneben möchte ich immer wieder eine Pause einlegen, damit die emotionale Kraft zurückkehrt. Möchte ich mir Gutes tun, damit ich einen langen Atem habe. Wir alle werden ihn noch brauchen.

Zuletzt lade ich ein, dass wir hier im Frauenbund-Blog unsere Gedanken, Sorgen, Gefühle oder Ideen zur Hilfe teilen. Bleiben wir in Verbindung – auch und gerade in diesen Tagen.