Michaela Labudda schreibt:

Die Spannung steigt und die Vorzeichen verdichten sich. Seit der ersten Synodalversammlung im Januar 2020 ist eine lange Zeit vergangen. Vielen ist über die Coronapandemie das Interesse am Synodalen Weg der Katholischen Kirche Deutschlands verlorengegangen. Da laut Satzung keine offizielle Synodalversammlung stattfinden konnte, wurden zwei Alternativformate eingeführt: eine Regionalversammlung und eine Digitalsitzung. Aber da es dort nicht zu Beschlüssen kam, war das öffentliche Interesse verhalten.

Jetzt aber ist es so weit.

Ich jedenfalls bin sehr gespannt. Aber bin auch eine derjenigen, die durchgehend in die Erarbeitungen eingebunden sind. Auch durch die Vernetzung mit den anderen synodalen Pastoral- und Gemeindereferent_innen konnte ich die Diskussionen, Streitpunkte und Stolpersteine aller vier Foren verfolgen. Es macht Freude, zu beobachten, wie nach und nach vorlagefähige Papiere entstehen. Durch die Coronaschleife hatten wir auch Gelegenheit, einige Versuche der öffentlichen Diskussion mitzuverfolgen.

Das Forum 1 „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ beispielsweise hat schon viel Papier auf dem Markt. Und obwohl die erste und eindrücklichste Rückmeldung die des Erschlagen Seins von Worten ist, wird schon deutlich, dass wirklich radikales Umdenken im Umgang mit Macht gefordert wird. Erste andiskutierte Handlungsvoten zeigen, wie konkret die Eingriffe sein können, die zum Wandel führen, wenn es beispielsweise um eine eigene Gerichtsbarkeit oder um die Predigterlaubnis für Lai_innen in der Eucharistiefeier geht. Aus diesem Forum erwarten wir zur Synodalversammlung weitere konkrete Voten.

Für das Forum 2 „Priesterliche Existenz heute“, dem auch ich angehöre, wurde nach der Vorstellung einer Stichwortsammlung klar, wie missverständlich Zwischenergebnisse sein können und wie konkret die Erwartungen sind; es gab ordentlich Kritik. Zur 2. Synodalversammlung stellen wir nun Präambel und Grundtext zur Diskussion und Abstimmung. Es gibt viel Vorsichtigkeit in diesem Forum, persönliche Vulnerabilitäten und manche Ambivalenz; erste Handlungsvoten stehen, sind aber noch nicht rechtzeitig fertig geworden und warten (inklusive der Frage nach der Notwendigkeit eines Pflichtzölibates) auf die dritte Synodalversammlung. Aber auch so wird die Grundtendenz der zu erwartenden Voten deutlich werden.

Das Forum 3 „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ bekommt viel öffentliche Aufmerksamkeit, hier wird die Spannung zwischen Mehrheits- und Lehrmeinung am deutlichsten ablesbar. Einzelne Auseinandersetzungen wurden öffentlich. Inzwischen wird zweiteilig gedacht und argumentiert. Die Thesen, die sich auf Dinge beziehen, die bereits jetzt kirchenrechtlich möglich sind, sind in den Regionenversammlungen bereits veröffentlicht worden, mit Spannung kann die Langzeitperspektive erwartet werden.

Im Forum 4 „Leben in gelingenden Beziehungen-Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ war vielleicht die größte Bewegung zu beobachten. Durch die öffentlichkeitswirksamen Schreiben aus Rom und die antwortende Aktion von #liebegewinnt, durch ablesbar sich entwickelnde Äußerungen auch von Bischöfen, durch die explizite Mitarbeit von homosexuellen und nicht binären Personen reichen die Diskussionen des Forums schon jetzt in existenzbewegende Dimensionen.

Ja: ich bin gespannt, wie die zu erwartenden Vorlagen aufgenommen werden. Wird man den Quantensprung bejubeln oder konstatieren, dass es bereits alles „zu spät“ und zu wenig sei, was an Veränderung möglich ist? Werden die Debatten in der Synodalversammlung öffentlich bemerkt werden oder inzwischen als Selbstbespiegelung eines innerkirchlichen Spezialistengrüppchens einer Institution erweisen, die so viele bereits nicht mehr interessiert? Diese Ambilvalenz bewegt mich seit dem Beginn des Weges.

Aus weiblicher Sicht bin ich vor allem gespannt, ob es zu einem der in der Geschäftsordnungsdebatte der ersten Synodalversammlung mühsam erstrittenen Frauenvotum kommen wird. Gerade einmal ein Drittel der Synodal_innen sind Frauen. Auf Antrag benötigt die Versammlung zur Abstimmung jetzt eine 2/3 Mehrheit der Frauen. Um die Hörbarkeit der weiblichen Stimmen indes muss man sich keine Sorge machen. Ich erlebe uns Frauen in einem guten Netzwerk, dass auch Austausch zwischen den Versammlungen ermöglicht, etwas, was in den offiziellen Strukturen viel zu kurz kommt. Außerdem wissen die beteiligten Frauen um ihre Verantwortung und die Mission, das weibliche (und damit insgesamt auch diverse) Gesicht der Katholischen Kirche in Bild und Wort zu bringen.

Aber es bleibt dabei: entscheidend ist am Ende, was sich die bestimmenden Männer (also die Bischöfe) davon zu eigen machen und schließlich in entscheidenden Fragen in den im Herbst startenden weltweiten Synodalen Weg einfließen lassen. Der Druck ist groß, das wird deutlich, und die ersten (auch gedanklichen) Bewegungen sind wahrzunehmen.

Wenn ich bei innerkirchlichen Veranstaltungen durchblicken lasse, dass ich zum einen sehr zuversichtlich bin, dass Veränderungen durchsetzbar sind, und auf der anderen Seite realistisch und skeptisch denke, dass wir noch zu viel Kosmetik betreiben, statt wirklich Tacheles zu reden, begegne ich häufig diesem besonderen Blick, in dem Skepsis, Lethargie, prophylaktische Resignation und manchmal Abschätzigkeit sich summieren.

Wen wunderts?

Aber immerhin: wir sind losmarschiert, vielleicht in Tippelschrittchen. Noch ist nicht aller Tage Abend. Schritt für Schritt ist´s auch ein Weg!

Michaela Labudda: Wissenschaftliche Referentin an der Katholischen Hochschule NRW und Gemeindereferentin im Erzbistum Paderborn, alleinerziehend, ledig, pragmatisch-westfälisch. Aufgewachsen im ländlichen Ostwestfalen, wo man nicht viele Worte, aber manche Zähigkeit und Sturheit lernt; wohnhaft im östlichen Ruhrgebiet, wo man spricht, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Als Mitglied der Synodalversammlung und Mitarbeiterin im Forum 2 erzähle ich von kleinen Möglichkeiten und bitteren Enttäuschungen, pragmatisch, freimütig und stur. So lange ich auf dem Weg bin, gehe ich. Trotzdem! Weil es Ziele gibt und weil Gottes Botschaft es wert ist. Und auch, weil die Wandertruppe sinnvolle Unterhaltung verspricht.