Nicht nur die Queen ist 2022 verstorben. Am Silvestermorgen verstarb in Rom der emeritierte Papst Benedikt XVI. im Alter von 95 Jahren. Was verbinden Sie mit ihm, dem deutschen bzw. bayerischen Papst?

Ich kann mich noch gut an den Abend des 19. April 2005 erinnern, als ich mit meiner damals vierjährigen Tochter vor dem Fernseher saß und gespannt darauf wartete, wer zum Nachfolger von Papst Johannes Paul II. gewählt wurde. Als Joseph Ratzinger als frisch gewählter Papst Benedikt, zu deutsch „der Gesegnete“, auf den Balkon des Petersdomes trat, war ich wie viele andere sehr überrascht.

Natürlich habe ich mich als Bayerin gefreut, dass ein gebürtiger Bayer zum Papst gewählt wurde. Auch wenn Papst Benedikt mit seiner zurückhaltenden Art nicht der typische Bayer war und obwohl er seit 1982 durchgängig in Rom lebte, war er seiner bayerischen Heimat zeitlebens sehr verbunden.

Als Katholikin war für mich der Papst immer die höchste Autorität. Andächtig saß ich als Kind mit meinen Eltern vor dem Fernseher, um an Weihnachten und Ostern den Segen „Urbi et Orbi“ zu empfangen. Und dass es nun ein Bayer bis an die Spitze des Vatikans geschafft hat, hat mich durchaus mit ein bisschen Stolz erfüllt.

Die Euphorie war nach der Wahl von Benedikt XVI. insgesamt sehr groß. „Wir sind Papst!“ titelte eine große deutsche Boulevardzeitung. Im August 2005 verfolgte ich seinen Besuch beim Weltjugendtag in Köln am Bildschirm. Im September 2006 besuchte er seine bayerische Heimat. Ich war damals hochschwanger, konnte deshalb bei der Papstmesse in München-Riem nicht dabei sein.

Am 11. September 2006 – bei seinem Besuch im oberbayerischen Wallfahrtsort Altötting – saß ich nicht sehr lange vor dem Bildschirm, denn meine Tochter klagte plötzlich über Atemnot, und ich musste mit ihr in die Klinik. Meine Mutter war in Altötting dabei und brachte mir eine Medaille mit der Inschrift „Wer glaubt, ist nie allein“ mit. Unter diesem Motto stand der Papst-Besuch in Bayern. Tausende Gläubige jubelten ihm damals auf den zahlreichen Stationen seines Besuches zu.

Von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche wusste man zu Beginn des Pontifikats von Papst Benedikt XVI. noch nichts. Bei seinem dritten Deutschland-Besuch als Papst im September 2011 war die Stimmung bereits gedämpfter. Kein Wunder, denn 2010 war eines der schwärzesten Jahre in der jüngeren Geschichte der katholischen Kirche in Deutschland. Ende Januar 2010 kam der Missbrauchsskandal ans Licht und stürzte die katholische Kirche in eine Vertrauenskrise, von der sie sich bis heute nicht erholt hat.

Am Rosenmontag 2013 gab Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt bekannt, was für viele sehr überraschend war. Das Papstamt galt bis dahin bis zum Tod. Durch den selbstbestimmten Rücktritt von Benedikt ist es in dieser Beziehung etwas weltlicher geworden.

Der KDFB Landesverband Bayern hat im Vorfeld des Papst-Besuches in Bayern im September 2006 Frauen – unabhängig von Konfession und Religion – dazu eingeladen, selbstverfasste Gebete einzuschicken. Es gingen damals fast tausend Gebete beim Frauenbund ein. Die gesammelten Gebete wurden Papst Benedikt im Vorfeld seines Bayern-Besuches nach Rom zugesandt. Die jüngste Autorin war zehn, die älteste 92 Jahre alt. Eine Auswahl dieser sehr persönlichen und beeindruckenden Gebete rund um (Alltags-)Themen wie Familie, Arbeit, Liebe, Krankheit, Trauer etc. wurde in dem Frauengebetebuch „Frauen.Leben.Beten.“ veröffentlicht. Das Buch kann hier bestellt werden: https://www.vivat.de/frauen-leben-beten-36366/

Gerlinde Wosgien ist promovierte Germanistin, seit 1999 Referentin beim KDFB Landesverband Bayern, zweifache Mutter und Wahlmünchnerin.