Heute muss ich unseren Bischof loben. Ich gestehe, normalerweise bin ich darin nicht besonders gut. Meist melde ich Kritik an, weil ich seinen Einsatz für uns Frauen als zu zögerlich empfinde. Aber heute freue ich mich am mutigen Bekenntnis von Bischof Fürst. Am letzten Samstag sagte er bei einem Ökumenischen Gottesdienst, der die Adventszeit eröffnete, dass Impfverweigerer nicht nur sich selbst, sondern vor allem den Schwächsten Schaden zufügen. Er benennt dabei „die Kinder, denen die Unvernünftigen und Uneinsichtigen eine unbeschwerte Kindheit rauben, und die alten Menschen, denen sie die letzten Jahre nehmen.“

Wie gut, dass einer das so sagt! Ich denke an meinen Sohn, dessen Pubertät seit langem in einer Ausnahmesituation stattfindet. Dessen Hobbies Handball und Bläser-Bigband sicherlich noch vor Weihnachten einkassiert werden. Und ich denke an meine Eltern, die zu den betagten Menschen gehören und denen es genommen ist, die Jahre, die ihnen bleiben, in Freiheit zu genießen.

Es sind nur Beispiele für so viele, die in unzumutbarer Weise durch die Pandemie belastet werden: Studierende, deren Unis schon wieder geschlossen werden, Pflegekräfte am Limit, erschöpfte Ärzt*innen auf den Intensivstationen, Unternehmer*innen, die in die finanzielle Schieflage geraten, Künstler*innen ohne Lohn und Brot, Kranke, deren Operation ins Ungewisse verschoben wird… Dieser Winter ist erneut gekennzeichnet von schrecklichen Zumutungen, tiefen Einschnitten und erschütternden Todeszahlen. Und alle, die sich dem Impfen verweigern, tragen dazu bei.

Während ich diese Sätze schreibe, muss ich zugeben, dass es viel bequemer ist, nicht in dieser Weise Stellung zu beziehen. Im Büro ertappe ich mich, dass wir eher hinter verschlossenen Türen unser Unverständnis über die Ungeimpften kundtun, als die offene Auseinandersetzung zu suchen. Denn sie ist ermüdend. Der Konflikt vorprogrammiert. Sowieso sind wir es gewohnt, verschiedene Standpunkte nebeneinander stehen zu lassen. Und doch denke ich: Wann ist die Zeit Farbe zu bekennen, wenn nicht jetzt?

Auch der KDFB-Bundesvorstand hat sich am Dienstag mit einer Stellungnahme positioniert. „Impfen ist Nächstenliebe!“, heißt der Appell. Ich schließe mich ihm gerne an. Es geht um die Entscheidung zur Solidarität, um nichts weniger. Menschen, die sich impfen lassen könnten, es aber nicht tun, mangelt es daran. Das gilt es zu benennen, klar, deutlich, ohne Furcht vor heftigen Reaktionen, die daraufhin zurückkommen. Vor allem in den sozialen Medien sind sie zu lesen.

Noch vor einiger Zeit hätte ich nicht für eine allgemeine Impfpflicht plädiert. Nun gebe ich zu, sie wäre mir sehr recht. Allen Bedenken, die es sicherlich abzuwägen gilt, zum Trotz. Ich möchte nicht mehr auf den gesunden Menschenverstand derer warten, die sich in Mythen und Verschwörungstheorien verlieren. Ich möchte nicht mehr hoffen müssen auf die Einsicht derer, die wir für eine hinreichende Impfquote brauchen, die aber noch lau vor sich hin überlegen. Was muss geschehen, um sie zu überzeugen?

Die Impfung ist nicht der alleinige Weg aus der Endlosspirale der pandemischen Not. Das weiß ich. Aber sie ist ein besonders wirksames, notwendiges Puzzleteil. Ohne sie jedenfalls gibt es kein Entrinnen. Darf man das so kompromisslos sagen? Ich finde, man muss es sogar!