Meine Tochter fährt um 7.45 Uhr mit dem Rad zum Edeka – wir haben tatsächlich nur noch eine Rolle Klopapier; wir brauchen jetzt dringend welches, die letzten Male war es immer ausverkauft. Zum ersten Mal in ihrem Leben steht sie Schlange vor der Öffnung des Supermarktes. Mein Tag steht im Zeichen der Aufzeichnungen beim SWR in Tübingen. Fünf Abendgedanken für SWR4 muss ich heute aufnehmen, sie laufen dann in der Woche ab dem 30. März. Normalerweise bereite ich mich so darauf vor, dass ich alle Texte mehrfach laut zuhause lese und entsprechende Betonungen und Pausenzeichen im Text markiere. Aber auch heute bleibt meine Bürotüre leider nicht zu. Der Kleine kann nicht alleine sein. Zumindest nicht am Schreibtisch. Ich unterbreche immer wieder, erkläre und helfe weiter, versuche ihn zu motivieren. So ganz viel Geduld habe ich aber nicht mehr, mir läuft die Zeit davon. Irgendwann spreche ich eine Stunde Betretungsverbot für mein Büro aus.

Mittags bin ich beim SWR. Dort darf ich nur rein, weil ich Autorin bin, Gäste kommen nicht mehr ins Studio. Die Tontechnikerin sprüht meinen Tisch und alles drum rum mit Desinfektionsmittel ein, mein Mikro wird mit Frischhaltefolie verpackt. Der Hörfunk-Pfarrer schickt mich nochmals zurück zum Händewaschen und Desinfizieren. Ich weiß nicht so recht, irgendwie kommt es mir etwas übertrieben vor. Aber gut. Ich wollte bei meinen Texten nicht zu sehr auf Corona eingehen, die Abendgedanken sollen den Menschen etwas Schönes und Beruhigendes mitgeben. Aber ich muss mit Corona anfangen, das ist auch mir bewusst, es gibt einfach kein anderes Thema mehr. Aber dieser Text ist nicht so leicht zu formulieren gewesen – denn zwischen Schreiben und Ausstrahlung liegen zwei Wochen. Ich musste einen grundsätzlichen Gedanken für diesen Text finden. Beim Überlegen bin ich auf ein Zitat des Hl. Vinzenz von Paul gestoßen: „Mit nüchternem Realismus und grenzenlosem Gottvertrauen“. Das ist die Grundhaltung meines Textes und ich finde, das trifft auch auf mich ganz gut zu.

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