Was ist ein Feiertag ohne Feier? Ein Fest ohne Gäste? Eine leere Hülle, ein gebrochenes Versprechen, Enttäuschung pur. So brachte ich die Ostertage voller Gram hinter mich. Eine kluge Freundin meiner Mutter hat es jüngst wunderbar formuliert: „Jetzt kommst du ja gar nicht mehr aus den Arbeitskleidern raus.“ Es passt nicht zu uns als Menschen, als Frauen zumal, jeden Tag den gleichen Stil zu haben. Ja, zugegeben, schön ist’s, vor dem Schrank zu stehen und abzuwägen: Rock oder Kleid, passende Bundweite, Wohlfühltauglichkeit oder offiziöse Strenge – was hängt da nicht alles im Schrank. Die ganze Fülle des Lebens! Nun alles ausgehebelt – keine Schule, keine Vorträge, keine Konferenzen. Dem PC ist es egal, welche Klamotten ich trage. Was anfangs ganz nett war, wird jetzt zum Schlendrian.
Jeder Morgen zeigt mir mehr, dass die Ordnung aus Buch Genesis lebensnotwendig ist: Die Welt und mit ihr der Mensch lebt vom Rhythmus. Sonnensysteme, Sternenlauf, Erdbahn und Wochentage. Der Sonntag muss Sonntag bleiben, auch wenn er in seinen Gewohnheiten „ausfällt“, wie jetzt gerade. Zur Erhebung der Seele gehört auch das Sonntagsgewand. Aus dem Schulfranzösischen ist mir der Begriff „s’endimanger“ (sich sonntäglich kleiden) unvergesslich geblieben. Hatten wir doch einst von Oma die strikte Einteilung in Sonntags- und Werktagskleidung gelehrt bekommen und uns davon gerade fröhlich gelöst.
Im Moment hat diese Ordnung eine Chance, wieder neu lebendig zu werden. Ich mache gerade jeden Werktag zum echten Werktag. Sehr bewusst. Gestern die Küchenregale, mühsam!!!! Heute rein in die Gartenklamotten, da sind Blumenkübel und Gemüsesamen das Thema. Mitarbeit an Gottes Schöpfung, für den Tag, an dem unser Sonntag wieder ein echter Sonn-Tag ist, ein Tag des Herrn und der Gemeinschaft! Und der schönen Kleider!
Liebe Frau Dr. Schießleder, wenigstens für mich ist dieser Blog eine große Chance. Der Blog füllt eine Lücke bei mir, die durch Corona entstanden ist. Seit Palmsonntag bin ich ohne Besuch, ohne direktes Gespräch. Vielleicht kommt meine Tochter am Wochenende. Zu Ostern brachte eine Freundin ein Geschenk vorbei. Und ich hatte mir Essen bestellt, da wurden auch zwei Sätze gewechselt. Aber hier im Blog finde ich Nahrung. Stoff zum Nachdenken. Und dass ich Redebedarf habe, ist an den vielen Kommentaren zu merken.
( Ich wundere mich schon, dass nicht mehr Frauen Kommentare hinterlassen)
Mir ist es gerade wichtig, mich täglich gut anzuziehen. An manchen Tagen wähle ich unter der schwarzen Kleidung die schöne rote Unterwäsche, die mein Mann mir zum Geburtstag schenken wollte. Dann spüre ich, ich bin nicht nur Witwe, ich bin eine Frau. Das tut mir gut. Öfters schminke ich mich, Augen, ein bisschen Rouge, ein Lippenstift, weil ich es mir wert bin. Sehen tut es niemand außer mir.
Und das mit den Sonntagskleidern kenne ich durchaus. Da kommt dann eher mal die weiß- schwarz gepunktete Bluse dran, die ist für den Alltag zu schade.
Der Gelassenheitsdekalog von Papst Johannes XXIII hilft mir da: nur für heute will ich mich so gut kleiden wie möglich.
Unter anderem steht da auch: Nur für heute will ich niemanden kritisieren. Doch das ist eine andere, neue Geschichte.