Der Synodale Weg in Deutschland wurde mit Briefen von und nach Rom begleitet. Es gab den von Papst Franziskus an das Pilgernde Gottesvolk, dann Anfragen beim Vatikan, ob dieses und jenes erlaubt sei und Antworten der römischen Kurie: „Nein, es darf nicht sein!“ Das alles wurde über schnelle Kommunikationskanäle veröffentlicht.

Ein „Brief an die Römer“ von vor fast 2000 Jahren wird heute noch gelesen. Paulus, ein unermüdlicher Künder des Evangeliums, wollte die Menschen aus aller Herren Länder, welche es in die Hauptstadt des damaligen römischen Reiches verschlagen hatte, im Glauben stärken. Sie waren Christen geworden und fanden sich regelmäßig in Hausgemeinden zusammen. Er kündigt an, selber nach Rom kommen zu wollen und vertraut seinen Brief einer Frau namens Phoebe an. Ich stelle mir vor, wie sie die kostbare Schriftrolle sorgsam in ihrem Gepäckbündel verstaute, um sie nach langer Fahrt über das Meer heil den Verantwortlichen zu überreichen. Paulus hatte einige von ihnen auf seinen Reisen kennengelernt und grüßt sie namentlich, nennt sie Mitarbeiter. Frauen sind darunter und Ehepaare, die die (Haus-)Gemeinden leiten. Wertschätzend und dankbar spricht er von ihrem Einsatz für das Evangelium und erwähnt Andronikus und Junia, die mit ihm zusammen im Gefängnis waren: „Sie ragen heraus unter den Aposteln und haben sich schon vor mir zu Christus bekannt“, so heißt es in Röm 16,7.

Ein Ehepaar – ein Mann und eine Frau – als Apostel? Noch um das Jahr 400 hebt Johannes Chrysostomus, Bischof von Konstantinopel hervor: „…berühmt unter den Aposteln… Wie groß muss die Weisheit dieser Frau gewesen sein, dass sie für den Titel Apostel würdig befunden wurde.“ Die griechisch-orthodoxe Kirche begeht bis heute am 17.Mai „das Gedächtnis der heiligen Apostel Andronikus und Junia“.

Doch aus der römisch-katholischen Geschichtsschreibung verschwand Junia im 13. Jahrhundert. Man(n) konnte sich wohl nicht mehr so recht vorstellen, welch wichtige Rolle Frauen in der Urkirche spielten. Dem Frauennamen wurde kurzerhand ein „s“ angefügt, aus Junia wurde Junias, obwohl es diesen Männernamen in der Antike gar nicht gab. Erst Forschungen im 20. Jahrhundert brachten den Nachweis ihrer Existenz. In der neuen Einheitsübersetzung von 2016 und der Lutherbibel von 2017 steht endlich wieder der ursprüngliche Frauenname Junia.

Seit 2020 feiert die kfd (Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands -unser Schwester-Frauenverband) am 17. Mai den Namenstag der „wiedergefundenen Apostelin“. Sie lädt Frauen ein, sich rund um Junia-Tag zu Wort zu melden und Gelegenheiten, im Gottesdienst zu predigen, wahrzunehmen. „Getauft, gefirmt und kompetent! Trotz Vatikan-Nein: Frauen predigen am Gedenktag der Ur-Apostelin Junia“ ist auf dem Plakat ihrer Homepage zu lesen. Ebenso was Frauen motiviert, vor eine Gemeinde zu treten und einzelne ihrer Predigten. Hier heißt es z.B.: „Ich möchte gerne die stärkende und tröstende Kraft des Evangeliums mit meinen Mitmenschen teilen“. „Wir christlichen Lai*innen tragen einen Schatz und eine Botschaft in uns, wir können damit ein positives Zeichen in dieser Welt ablegen“. „Verkündigung muss „bunt sein wie ein Blumenstrauß sein sonst erreichen wir einige Menschen und Gruppen mehr“. „Die Auslegung des Evangeliums darf nicht dem geweihten und damit zugleich dem männlichen Geschlecht vorbehalten sein. Diese Auswahl diskriminiert Frauen und wird dem Evangelium nicht gerecht, das allen Menschen zugesprochen ist. Zuhörende werden um die Stimme und Sicht von Frauen betrogen“. „Die weibliche Seite von Gott wurde Jahrhunderte lang nicht zum Ausdruck gebracht. Die Auslegung der Schrift von uns Frauen kommt zum Zug – jetzt!“

Bei der jüngsten und letzten Vollversammlung des Synodalen Wegs im März dieses Jahres wurde der Handlungstext „Verkündigung des Evangeliums durch Lai*innen in Wort und Sakrament“ verabschiedet. Mehr als 2/3 der deutschen Bischöfe haben zugestimmt und wollen das Plädoyer auf der Weltsynode in Rom einbringen. Ohne den „Anschub“ von Frauenverbänden, Initiativen wie das Buchprojekt „Frauen verkünden das Wort“ *) mit Beispielen von Schriftauslegungen in Gottesdiensten, dem vielfältigen Engagement von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen in den Gemeinden sowie der guten Vernetzung von Initiatorinnen und der unglaublich zähen Arbeit von Theolog*innen im Synodal-Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ wäre man(n) sicher nicht so weit gekommen.

Damit Gleichwertigkeit erzielt und und volle Teilhabe aller Getauften und Gefirmten erreicht ist, braucht es wohl weiter viele positive Beispiele von entschiedenem Auftreten – gegen die lähmende Resignation, Erstarrung und Erosion in unserer Kirche, Zeugnisse von Männern u n d Frauen für Jesu Botschaft gegen zunehmende Sinnentleerung. So wie in der Urkirche, wo Christinnen und Christen unerschrocken auftraten. Paulus traute ihnen viel zu. Sie brachten ihre vielfältigen Charismen in den Gemeinden ein und viele „Follower“ fanden sich. Ihr „soziales Netzwerk“ wurde immer größer, die Strahlkraft des Evangeliums kam zum Tragen. Wann wird es sein, dass die Verantwortlichen der Katholischen Kirche den Weltchristen und dem Glaubenssinn des Gottesvolkes mehr Vertrauen schenken?

Ob Bischöfe und Papst im Herbst auf der Weltsynode in Rom Veränderungen zustimmen und sie einleiten werden? Ruach, Heilige Geistkraft! Komm in Deine Welt! Du Lebensspenderin und Weisheit Gottes seit Anbeginn. Du Beistand des Vaters, den Jesus seinen Jüngern versprach, „Lass uns als Waisen nicht. Zeig uns des Trösters Licht“ so besingen wir Dich in diesen Tagen. „Aus Dir strömt Leben, Licht und Glut. Du gibst uns Schwachen Kraft und Mut!“ Schenk Deinen Gläubigen Offenheit und Vertrauen in Dein Wirken und lass uns ein neues Pfingsten erfahren.

*) 2020, im Jahr des Wortes Gottes hatten das Kath. Bibelwerk und die Kommission „Frauen in Kirche und Gesellschaft“ der Deutschen Bischofskonferenz ein Buchprojekt gestartet: Frauen wurden eingeladen, Ansprachen, die sie in Gottesdiensten gehalten hatten, einzusenden. Von über hundert Schriftauslegungen wurden 23 im Buch „Frauen verkünden das Wort“ veröffentlicht. Den Aufruf hatte ich in der Frauenbundzeitschrift ‚Engagiert‘ gelesen und meine ‚Dialogpredigt‘ über Maria und Marta eingeschickt. Ich freute mich riesig über die Mitteilung, dass mein Beitrag von der (unabhängigen) Jury mit ausgewählt worden war. Beim Symposium „Frauenpower und Männermacht“ in Münster, in dem das Buch vorgestellt wurde, dabei zu sein, erlebte ich als „einfach stark“ und motivierend.

Monika Urban ist KDFB Mitglied (Bistum Regensburg), Ehefrau, Mutter, Großmutter, und Geistliche Begleiterin.