„Corona“ heißt übersetzt „Krone“. Seltsam. Kommt uns das Virus doch eher vor wie eine Geißel der Menschheit. Es macht unser Leben brüchig, verletzbar. Ich kann nichts Königliches an ihm finden.

Eine Krone. Um die ging es auch in unserer Frauenkirche in Stuttgart heute vor einer Woche. „Zerbrechlichkeit und Würde – Frauen auf der Suche“ hatten wir sie überschrieben. Und wir schauten zunächst auf die getonte Krone der Künstlerin Claudia Ebert, die auf dem Altar ihren Platz gefunden hatte. Eigentlich wollten wir diese Krone letztes Jahr unserem Bischof übergeben, damit er eine Erinnerungsstütze hat, welche Würde Frauen zukommen muss, auch in unserer Kirche. Corona hat die Kronen-Übergabe vermasselt, und seitdem sind wir froh darum. Die Krone ist so wunderbar, dass wir sie einfach behalten wollen. Sie soll uns bestärken, an unsere unverlierbare Würde zu glauben, egal wie zerbrechlich das Leben sein mag.

Die Krone ist erd-farben, eigentlich unscheinbar. Sie ist nicht aus Gold, sondern aus vergänglichem Ton. Wir ahnen, sie kann in tausend Scherben zerspringen. Innen dagegen ist die Krone blau, himmels-blau. Und oben an den Zacken hat sie vergoldete Frauenköpfe. Was für ein Kontrast von Irdischem und Himmlischem!

Und so machten wir uns bei der Frauenkirche auf die innere Suche, wie diese beiden Seiten –nicht nur, aber auch in der Corona-Zeit- zusammengehören: die Zerbrechlichkeit und die Würde, die Verletzlichkeit und die Kraft, die Scherben unseres Lebens und deren Heilung.

Besonders berührend war für mich dabei ein biblischer Dialog, den wir in den Mittelpunkt des Gottesdienstes stellten. Eine Frau geht auf Jesus zu, der kurz vor seinem Passionsweg steht. Sie salbt ihm das Haupt. Rollentausch. Nicht Jesus hat heilende Hände, sondern eine Frau ohne Namen. Sie erspürt Jesu Angst und Verletzlichkeit und bietet ihre Solidarität an. Was für eine biblische Geschichte!

Und so stand am Ende der Frauenkirche eine Übung, in der wir unsere Würde erspürten und dann den Blick zu den anderen Frauen wandern ließen. Über Masken hinweg schauten wir uns in die Augen. Manche Augen lächelten, manche glänzten bewegt. Wie viel macht dieser bestärkende, wertschätzende, solidarische Blick aus, mit dem wir aufeinander schauen, dachte ich! Er spiegelt uns wider, welches Ansehen wir immer schon vor Gott haben.

Als ich von der Frauenkirche heimfuhr, den Kofferraum voll bepackt mit unseren Siebensachen, war ich unendlich dankbar für die innere Verbundenheit, die in der Frauenkirche auf wundersame Weise immer neu entsteht und die die Gottesdienste so besonders macht. Sorgsam eingepackt gehörte zu meinem Gepäck auch die getonte Krone. Heute habe ich sie wieder zurück auf ihren Platz auf dem weinroten Pannesamt in meinem Büro gestellt. Was für ein Privileg, denke ich, dass diese Krone bei mir „wohnt“!

Wer einen kleinen Eindruck von der Frauenkirche bekommen möchte, kann hier schauen:
https://www.facebook.com/Frauenbund/videos/272830697541812/