Heute ist Fronleichnam und zugleich ein Trübe-Tassen-Tag. Ich habe mich nicht aufraffen können, mich zu einem Gottesdienst anzumelden. Also sitze ich am Computer, schaue aus dem Fenster in diesen tristen Tag hinein und mache mir Gedanken über unseren Blog.
Gestern ist er 10 Wochen alt geworden. Ein kleiner Geburtstag also! Was haben wir in dieser Zeit nicht alles geschrieben… Über radikale Einschnitte und bedrängende Gefühlslagen, über Fragen, die uns im Kopf herumschwirren, über familiäre Veränderungen und kirchliche Entwicklungen, über kleine Episoden des Alltags, über Fragwürdiges und Staunenswertes, über Krisen und Hoffnungszeichen, über Solidarität und neue Werte.

Und jetzt? Fällt mir das Schreiben nicht mehr so leicht, wie ich zugeben muss. Denn viele Themen sind hinreichend besprochen, so scheint es für mich. Corona wird zäh. Ich muss innerlich schmunzeln. Vielleicht ist das ja die treffende Beschreibung, in welcher Phase wir uns gerade generell befinden. Wir haben uns einigermaßen eingerichtet in einer neuen Wirklichkeit. Wir versuchen uns Normalität zu verschaffen, ohne dass es uns wirklich gelingt. Und uns wird Corona allmählich lästig. Mir jedenfalls geht es so.

Was bewegt mich also gerade? Ich merke, dass sich meine Aufmerksamkeit wieder mehr nach außen richtet, über meine eigene Lebenswelt hinaus. Gott sei Dank! Denn manches ist wohl untergegangen vor lauter Corona.
Mich bewegen im Moment zum Beispiel die mutigen Aufstände gegen Rassismus in den USA, aber auch bei uns in Deutschland. Der Afroamerikaner George Floyd gibt dem Aufschrei einen Namen. Aber zugrunde liegt die tagtägliche Ungerechtigkeit, die Millionen von Menschen erleben.
Corona hat in den USA die Lage der Afroamerikaner*innen verschärft. Ein altes Sprichwort unter ihnen besagt: „Wenn weiße Leute eine Erkältung kriegen, holen sich Schwarze eine Lungenentzündung.“ Für Covid-19 stimmt das: Die afroamerikanische Bevölkerung hatte in den letzten Wochen eine überdurchschnittlich hohe Todesrate zu verzeichnen. Das ist ein Skandal!

Das Beispiel zeigt mir, dass Corona viele Dimensionen hat. Das Virus eskaliert Fragestellungen. Mir fallen viele andere Beispiele dazu ein. Ich denke an die Problematik der Fleischindustrie, über die wir früher nicht wirklich nachgedacht haben. Ich denke an die unhaltbaren Bedingungen der Asylsuchenden auf den griechischen Inseln, die wir in der Krise aus den Augen verloren haben. Aber gerade Corona macht ihre unfassliche Lage noch viel drastischer. Ebenso denke ich an die vielen Menschen in den sogenannten Entwicklungsländern, die schon so lange zu den Verlierern der Welt gehören und die nun erneut am Rand des Abgrunds stehen. Wie viel Solidarität werden sie von uns erhalten? Auch das Weltklima bleibt Anlass zur Sorge. Und zur Frage, ob es uns ebenfalls Milliarden wert ist.

Ich weiß, es sind große Zusammenhänge, die ich benenne. Sie sind anspruchsvoll und kompliziert und verweisen auf eine globale Welt, deren altbekannte Probleme sich durch Corona zuspitzen. Doch ich merke, dass mir der Blick über meine persönlichen Erfahrungen hinaus wichtiger wird. Denn wir alle rücken enger zusammen durch diese weltweite Krise, auf die wir gemeinsam Antworten finden müssen.

Welche Themen bewegen Sie? Über was wollen Sie in diesem Blog etwas lesen? Ich bin sehr gespannt, ob Sie etwas zurückmelden! Über die Kommentarfunktion oder auch gerne über einen eigenen Beitrag auf unserem Gastblog.