Heute beginnt irgendwo im Nordosten die Schule wieder, wir in Bayern sind grad gut in der Ferienzeit angekommen. Kurze Abkühlung gestern nach dem angeblich „heißesten Tag des Sommers“ am Samstag – heute kühle Stille und wieder viel Luft zum Atmen. In ganz wörtlichem Sinn: mir ist Hitze zuwider! Sie lähmt und macht das Arbeiten, das Denken und das gemeinsame Schaffen schwer. Insofern stehen die Sommerferien an ihrem unangefochten besten Platz! Jetzt wäre Zeit für Reisen, Seele baumeln lassen oder neue Eindrücke aus anderen Kulturen, wenigstens anderen Ländern. Damit hatte ich meine Urlaubstage immer ganz gut deklarieren und legitimieren können, wenn mein Konsumgewissen mal wieder anschlug. All das ist 2020 suspekt geworden, über „Corvidioten“ schimpft heute unsere Zeitung. Keiner weiß, wie dieses Virus arbeitet, noch immer kennen wir den Mechanismus nicht, wie eine Ansteckung erfolgt – und die Welt ist geteilter denn je über Maskenpflicht, verantwortungsvoll eingesetzte Tests und freiwillige Kontaktbeschränkung. Social Distancing ist zum Reizwort geworden. Diffus sind die Ängste, groß die Frustration über Monate voller Anstrengung ohne wirklichen Erfolg. Und die Sorge, es könnten weitere Monate solcher Ungewissheit folgen.

Ich bin gewohnt, dass Anstrengung und Durchhalten belohnt wird, dass Nicht-Aufgeben eine Tugend ist und nach harter Mühe süße Muße folgt und folgen darf. Gerade ist alles durcheinander gerüttelt: nichts davon ist mehr an seinem Platz. Unklare Verhältnisse verletzen meine liebgewordenen Sicherheiten, bis hinein in meine Sicht auf die Wirtschaft. In der Münchner Fußgängerzone bemerke ich leere Kaufhäuser in bester Lage, in anderen stehen sich die Angestellten die Beine in den Bauch. Die Touristen, die man sieht, sind sparsame Europäer, keine zahlungsfrohen Asiaten – wumms, das sitzt! Globales Denken öffnet sich mir hier in einer ganz neuen Form. WIR in Deutschland leben nicht nur auf Kosten weniger entwickelter Erdzonen und ihrer indigenen Bevölkerung, wir leben auch von solchen Erdzonen, insofern deren finanzstarke Oberschicht unsere Sehenswürdigkeiten ansteuert. Denn dabei nehmen sie sich oder ihren Lieben viel davon mit nach Hause. Ihr Geld – unser Wohlstand, so einfach und so greifbar ist die Formel gerade. Ich japse nach Luft!

Pandemie ist für mich eine ganz neue Erfahrung, plötzlich Ruhe - nach über 14 Jahren Führung im Bundes- und Landesvorstand. Wo ich im gemeinsamen Wir des KDFB sonst vielfach gefordert war, bleibt jetzt die persönliche Begegnung aus. Vielleicht eine Gelegenheit, unsere Themen, unsere Lebensweise, unsere Gemeinschaft neu zu reflektieren und mit einem Blog gemeinsam an Kommentaren zu wachsen. Allein mit meinem Mann daheim, die Söhne im einigermaßen entfernten München, die Omas als Hochrisikogruppe nur vorsichtig umsorgt – all das ist auch privat nicht ohne. Ob wohl mit Hilfe des Blogs aus der Krise eine neue Chance erwächst? Auch für mich als Theologin eine große Frage!

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