Jetzt liegen sie hinter uns, die Kar- und Ostertage 2020, eine Woche Ausnahmezustand. Eine Woche ganz unterschiedlicher Ausnahmen: Oft habe ich in diesen Tagen an die erhofften und erwünschten Kar- und Ostererfahrungen früherer Jahre anknüpfen können. Momente der dichten Sammlung am Gründonnerstag und Karfreitag, Osterfreude und Freude am gemeinsamen Fest mit der Familie, ja selbst die Osterstimmung, die eine ganze Oktav lang anhält. Aber noch häufiger war es für mich in diesem Jahr die Ausnahme vom üblichen österlichen Ausnahmezustand.

Ich trauere den ausgefallenen Liturgien hinterher und staune gleichzeitig über die Vielfalt an Gottesdiensten, die ich statt dessen erlebt habe: Eine Zoom-Andacht etwa zum Thema „Fußwaschung“ am Gründonnerstag; am Karfreitag zwei Stunden intensives Nichts in unserer leeren Kirche, aber immerhin pünktlich ab 15.00 Uhr. Dann eine Osternacht, die von der Erinnerung an vergangene gemeinsame Osternächte lebte und dem festen Willen: wir kommen zusammen und feiern Ostern. Die Familie hat sich dazu quer durch Europa per Skype gefunden, uns wurde das Exsultet live gesungen, die Lesungen mit verteilten Lektor*innen gelesen, das Licht erst zum Gloria angemacht und mit intensiven Fürbitten und einem gemeinsamen Vater Unser dann die AGAPE-Feier mit Hefezopf und Ostereiern an vier verschiedenen Tischen eingeleitet. Ostersonntag haben wir die berührende Predigt von Papst Fanziskus vor dem großen Urbi et Orbi –Segen gehört. Sehr gut hat er gesprochen! Doch die Tatsache, dass in dem ausgewählten Kreis derjenigen, die den Gottesdienst im leeren Petersdom mitfeiern durften, etwa 30 Männer auf zwei Ordenfrauen und eine Lektorin kamen, hat mir die Stimmung ordentlich verdorben. Und wenn er schon die Frauen hervorhebt und sich bedankt bei all denen, die jetzt die Kranken pflegen, sich um Angehörige kümmern und der Diakonie der Kirche Hand, Herz und Gesicht geben, warum kann er dann nicht endlich dafür sorgen, dass Frauen auch zu Diakoninnen geweiht werden? Da war es bei unserem Emmaus-Gottesdienst tags drauf zum Glück ganz anders: zwei Frauen haben diesem Gottesdienst vorgestanden, eine Gemeinde an über 100 Bildschirmen zusammengebracht und an Gemeinschaft und gemeinsamem Gebet für uns erfahrbar gemacht, auf was wir bei unserer großen Tradition der Emmaus-Gottesdienste am Beginn unseres jährlichen Bundeskongresses dieses Jahr live und in Farbe verzichten mussten.

Am Ende dieser Tage staune ich über das, was alles möglich ist, an Kreativität, an Verbundenheit, an Geschwisterlichkeit im Glauben. Ich freue mich jetzt wirklich sehr auf die ersten analogen gemeinsamen Gottesdienste, aber ich habe überhaupt keine Lust mehr auf priesterzentrierte, männerfixierte, in Routine-Ritualen erstarrte Sonntagsgottesdienste. Wir ringen gerade alle um Exitstrategien aus dem großen Ausnahmezustand. Aber jetzt bitte in der Kirche nicht den falschen Ausgang nehmen: Ich will nicht mehr zurück in den Zustand vor der Ausnahme. Meine Toleranz ist gesunken, seitdem ich weiß, was alles möglich wäre, wenn wir beides zulassen und zusammenbringen würden: Die Erfahrung gemeinsamer öffentlicher Gottesdienste und den Reichtum an Spiritualität, Kreativität und Zeugenschaft aller Frauen und Männer, die zum Amt in der Kirche berufen sind.