Gestern hatte mein Sohn einen absoluten Durchhänger. Es fing schon morgens an. Müde und leblos lag er im Bett und wollte nicht aufstehen. Nach zweieinhalb Wochen Homeschooling war alle Luft raus. Als Einzelkind ist diese Zeit besonders hart.

Ich ließ ihn erstmal weiterschlafen. Dachte mir, die tägliche Disziplin, die sonst hilft, braucht eben mal Pause.

Gegen 9.30 Uhr saß mein Sohn am Schreibtisch. Hatte keine Lust auf nix. Englisch doof, Mathe doof, Bio doof. Ich fragte, ob es irgendetwas gibt, auf was er Lust hat. Ja, das Referat in Deutsch, das könnte ihn am ehesten locken. Das Thema hat er selbst aussuchen dürfen: „Das Wunder von Bern“. Wir haben extra ein Buch ausgeliehen aus der Bücherei, als diese gerade noch offen hatte. Seitdem habe sogar ich mich – sonst eigentlich ohne jede Fußball-Leidenschaft – in die Fußballgeschichte der Nachkriegszeit vertieft. Und war erstaunlich berührt von den großen Helden dieser Zeit, Sepp Herberger und Fritz Walter.

Nun also der Versuch, die fehlende Lernlust mit dem Referat zu heben. Aber auch das ging schief. Die Arbeit steckte fest, und ich war mit dem Frauenkreuzweg für Karfreitag beschäftigt. Nebenher dem Wunder von Bern auf den Weg zu helfen, überstieg meine Kraft.

Was tun? Doch Englisch? Eine Stunde verging. Mit Stiftekauen, Sich-über-sich-selbst-ärgern. Weil nichts voranging. Ich nahm meinen Sohn in den Arm. Fragte ihn: Magst du nicht einfach Pause machen heute? Er schaute etwas ungläubig. Das war nicht der Plan. Die Arbeitspakete der Schule erledigen sich schließlich nicht von selbst. Einfach blaumachen? Ich erzählte ihm davon, dass ich solche Tage kenne, wo nix geht. Wo ich fünf Stunden dafür brauche, einen Text zu formulieren, den ich am Tag drauf eh in die Tonne trete.

Er ließ sich überreden. Zockte zum Abreagieren. Schaute eine Stunde Kikalive.

Mittags mit Papa gab es noch eine kurze Phase mit Geografie und Mathe. Um das Gefühl zu haben, dass der Tag nicht ganz umsonst war. Dann ging es auf die Wiese vor dem Haus. Fußball spielen live, zwischen Sonne und Kälte.

Heute ist die Welt wieder in Ordnung. Der Sprung aus dem Bett war kein Problem. Jetzt sitzt er in seinem Zimmer und lernt ohne Aufhebens. Ich lerne, dass vergebliche Tage zu dieser Coronazeit gehören. Wie gut, wenn wir sie uns erlauben!