In unserer Diözese Rottenburg-Stuttgart beginnen die öffentlichen Gottesdienste am Samstag. Fast täglich trudeln Informationen und Erläuterungen ein, was dabei zu beachten ist. Die Auflagen sind immens. Ich beneide die Pfarrer und Kirchengemeinderäte wahrlich nicht, die jetzt fieberhaft überlegen müssen, wie alles umgesetzt werden kann. Es geht um die verbindliche Anmeldung zum Gottesdienst, um begrenzte Sitzplätze und Ordner*innen-Pflicht, um 2m-Abstände und Mund-Nasen-Schutz, um Desinfektionen und Einbahn-Wege, um die musikalische Gestaltung ohne Gemeindegesang. Noch schwieriger wird es sein, alle Vorgaben bei der Eucharistiefeier und Kommunionausteilung einzuhalten. Sie ist besonders sensibel im Hinblick auf die Ansteckungsgefahren. Es geht nur mit Mundschutz, Desinfektionsorgien, Plastikabdeckungen, Zangen oder Servietten…

Für all dies muss ein schriftliches Infektionsschutzkonzept vorliegen, für das die Verantwortlichen haften. Ein riesiger Aufwand, der sicherlich aus besonderem Verantwortungsgefühl so gefordert ist. Im Vorwort zur bischöflichen Anordnung steht, dass dabei vor allem die Bedeutung und Würde der Liturgie zu bedenken ist. Das lässt mich kurz nach Luft schnappen. Mir fehlt schlicht die Vorstellungskraft, wie unter solchen Bedingungen Würde, Atmosphäre und spirituelle Intensität von Gottesdiensten gewahrt bleiben können. Hat zwischen all diesen Schutzvorkehrungen Gottes Geistkraft genügend Platz zum Atmen? Ich bin skeptisch, auch wenn ich weiß, dass viele ihren ersten Kirchgang nach den großen Beschränkungen herbeisehnen.

Der Würzburger Bischof hat vor einer Woche damit überrascht, dass er vorerst keine Eucharistiefeiern in öffentlichen Gottesdiensten zulassen möchte. Er sorgt sich um die Integrität der Feiern, so habe ich gelesen. Außerdem möchte er zunächst auf die Kreativität in den Gemeinden schauen, die in der Coronazeit zum Vorschein kam. Gottesdienstangebote haben zum Teil ganz andere Menschen als bisher erreicht. Dieser Ertrag soll gesichert werden, anstatt einfach in die Normalität zurückzukehren.

Eine kluge Erkenntnis! Ich jedenfalls finde es mutig, wenn nicht alles, was theoretisch möglich ist, sofort auch getan wird. Für mich geht es kirchlich jetzt um ein sensibles Vortasten, damit die vielen Aufbrüche nicht gleich wieder abgewürgt werden zugunsten von doch sehr sterilen Gottesdiensten in alter Form. Kreativität ist auch weiterhin gefragt, um der Sehnsucht nach Spiritualität Nahrung zu geben. Letztlich liegt in der Krise die Chance, dass wir unsere katholische Fixierung auf die Eucharistie neu hinterfragen können und gemeinsam nach anderen lebendigen Formen des Glaubens suchen, die im Moment besser möglich und ohnehin nicht minder wertvoll sind. Gottes Geistkraft weht, wo sie will!