Verantwortung  – für dich, für mich, fürs Klima: Papier ist geduldig, meine jüngste Tochter in einigen wenigen Dingen (zum Glück) nicht. Ich bin eine gebürtige Schwäbin, und die sprichwörtliche Sparsamkeit der schwäbischen Hausfrau hat sich ja bekanntlich bis nach Berlin herumgesprochen. Selbstverständlich achte auch ich beim Einkaufen auf den Preis, freue mich über Sonderangebote und kaufe einigermaßen bewusst ein. Was heißt das eigentlich – bewusst einkaufen?

Vor vielen Jahren fing es an, da konnte ich irgendwann nicht mehr die Eier aus der Massentierhaltung in den Korb legen, das ging einfach nicht mehr. Die traurigen Bilder der auf engem Raum zusammengepferchten, zerrupften Hühner bekam ich nicht mehr aus dem Kopf; dieses Tierleid wollte ich nicht mitverantworten. Und mit der gleichen Konsequenz hätte ich schon lange überwiegend oder am besten ausschließlich Produkte kaufen können, die das System der Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur nicht unterstützen. Es wäre finanziell machbar gewesen, schwäbische Hausfrau hin oder her.

Ein ernstes Thema, und doch hat es für mich auch eine heitere Seite, die mich allerdings nicht ganz so gut dastehen lässt, wie ich es gerne hätte. Denn ohne Druck geht es offensichtlich nicht. Bei mir auf jeden Fall nicht. Und diesen Druck baute über Jahre unsere jüngste Tochter auf. Sie hatte dieses Bewusstsein für das Problematische und für Mensch und Tier Leidvolle in unserem Ernährungssystem recht früh entwickelt und wollte auch ihre Eltern dafür sensibilisieren. Christoph und ich, wir waren beide durchaus lernwillig, auch einigermaßen lernfähig und veränderten in Teilen unser Einkaufs- und Konsumverhalten. Und doch war es ein langwieriger, quasi umgekehrter Erziehungsprozess, der hier stattgefunden hat. Steter Tropfen höhlt den Stein.

Unsere jüngste Tochter studierte in Hamburg, und immer, wenn sie nach Bonn zu Besuch kam, passte ich besonders auf, dass nichts „Falsches“ im Kühlschrank war, für das ich einen Rüffel riskiert hätte. Denn manchmal falle ich wieder in die alten Muster zurück, obwohl ich schon lange etwas von der Verantwortung spüre, auch von den Möglichkeiten, die wir als Konsumentinnen haben, denn die Nachfrage verändert das Angebot! Ich habe es durchaus kapiert, um was es geht, aber bisweilen schlägt die Bequemlichkeit oder Sparsamkeit doch wieder durch. Gut, dass viele aus der jungen Generation genau hinschauen, gut, dass wir gemeinsam im Alltag Verantwortung übernehmen und bewusst – und bewusst gut leben können!

Wenn sie hier in Bonn ist, dann kocht meine jüngste Tochter fast immer für uns; ich liebe das gemütliche Zusammensein mit ihr und die so schmackhaften Mahlzeiten mit fast immer saisonalen und regionalen Zutaten. Ich bin froh, dass sie nicht aufgehört hat, mich zu überzeugen–  und auch bisweilen zu tadeln oder zu ermahnen: Gewohnheiten kann man ändern, aber ganz leicht ist es nicht …