So viele Menschen wie noch nie in der Geschichte verlassen traurig, enttäuscht, verstört, verzweifelt die Kirche. Darüber bin ich traurig, denn es sind oftmals hoch engagierte Menschen, die sich ihr Leben lang für die Kirche eingesetzt haben und nun keinen anderen Ausweg mehr sehen. Viele von ihnen fühlen sich regelrecht vertrieben von einer machtförmigen Kirche, die sich keinen Schritt bewegen will. Es ist ein Exodus sondergleichen, es ist ein Trauerspiel! Viele von denen, die aus der Kirche austreten, gehen tatsächlich mit großer Traurigkeit im Herzen. Sie leiden unter dem Verlust der kirchlichen Heimat – schon lange. Doch sie können nicht anders, sie fühlen sich machtlos in einem System, das nicht nur in der Vergangenheit seine Macht missbraucht hat, sondern sich auch heute allen Erneuerungsbemühungen massiv und blockierend in den Weg stellt. Diese Unbeweglichkeit spaltet die Kirche, und sie spaltet gläubige Menschen schulterzuckend ab: kein sichtbares Bedauern über den Verlust so vieler! Die Kirche scheint ihnen schon lange keine Mutter mehr zu sein, anders ist die Gleichgültigkeit gegenüber den Anliegen und Hoffnungen so vieler engagierter Katholikinnen und Katholiken nicht zu verstehen. Und der Exodus geht weiter.

Warum nehmen wir keinen Schmerz über diesen schrecklichen Verlust wahr, über den stillen oder endgültigen Rückzug so vieler, von denen nicht wenige ihr Leben lang für die Kirche da waren, Kirche mitgestaltet, Kirche gelebt und mitgetragen haben. Wo bleibt die Sorge um diese Menschen und auch um das, was nun der Kirche verloren geht? Wo bleibt die Sorge um die, die einst Halt in der Kirche fanden und kirchliche Gemeinschaft bildeten? Wo sind die Versuche, die Motive der Enttäuschten zu verstehen, gar diesen Menschen nachzugehen? Viele fühlen sich vertrieben von einer Kirche, die kaum mehr als ein Schulterzucken für sie übrig zu haben scheint: Fort ist fort!

– Fort ist fort? Ich erinnere mich gut an eine Predigt unseres Pfarrers bei einem sonnigen Pfarrfest vor einigen Jahren; der Gottesdienst fand unter leuchtend blauem Septemberhimmel im Pfarrgarten statt. Unser Pfarrer stellte damals dem rheinisch-achselzuckenden „fott is fott“ eindrücklich die nachgehende Liebe Gottes entgegen: eine Liebe, die an die Grenzen geht, eine Liebe, die an ihre Grenzen geht! Bei Gott gilt eben nicht „fort ist fort“ oder gar „fort mit Schaden“! Die christliche Botschaft lautet ganz anders: Jesus selbst spiegelt in zahlreichen Gleichnissen die treue Liebe Gottes zum Verlorenen wider! Wir hören in diesen jesuanischen Gleichnissen von Gottes nachgehender, suchender, aufsuchender, unerwarteter Liebe! Wir hören von seiner Menschenmaß übersteigenden Treue bis hin zum Hirten, der sein Leben gibt, um das Verlorene wiederzufinden.

Fort ist fort, gar: fort mit Schaden?  – Wo wird der Schmerz über die Verlorenen spürbar, vernehmbar? Wo wird den für die Kirche Verlorenen nachgegangen? Ich fürchte, in manchen kirchlichen Kreisen wird ihnen keine Träne nachgeweint; im Gegenteil, diese kritischen Stimmen ist man nun los! – Den Verlorenen nachgehen? Eher nicht!

Doch dem verlorenen Schaf, der verlorenen Drachme, dem verlorenen Sohn nachzugehen ist Gottes Weise zu lieben. Den Verlorenen nachzugehen ist unsere Pflicht. Denn sie sind ein Schatz, den wir für immer zu verlieren drohen.