Die katholische Welt wird in immer kürzeren Abständen von Skandalen, Entdeckungen und Erkenntnissen des Machtmissbrauchs erschüttert. Im System grundgelegter Missbrauch von Macht, Missbrauch von Menschen, Missbrauch von Finanzen, gleichzeitig aggressives Beharren und Verharren, Finanzskandale, das Missachten der Opfer, der Schutz der Täter: Immer mehr Menschen, die der Botschaft des Evangeliums folgen wollen, spüren ganz deutlich, dass es ohne Erneuerung keine gute Zukunft der Kirche geben wird. Der von Kardinal Marx angebotene Rücktritt darf nicht noch einmal nur einer der kurzzeitigen oder mittelfristigen Aufreger sein, der dann doch wieder früher oder später umstandslos in einen Alltag a la Erzbistum Köln überführt wird. Dem will sich der Münchner Kardinal bewusst entgegenstellen, wenn er an den Papst schreibt: „Ich will zeigen, dass nicht das Amt im Vordergrund steht, sondern das Evangelium.“

Das ist eine klare Positionierung gegen die starr-konservativen Parolen des Weitermachens wie bisher, koste es, was es wolle: zum Beispiel den Austritt von vielen tausenden, oft engagierten Menschen – in jüngster Zeit übrigens vermehrt Frauen – aus der Kirche. Trotzdem ist an vielen Orten erneut genau das die Devise: Nur kosmetische Veränderungen sind erlaubt, die alten Machtstrukturen werden erhalten, koste es, was es wolle: zum Beispiel den Rücktritt eines hoch engagierten, hochrangigen Bischofs, der sich, durchaus machtaffin, machtlos im real existierenden Kirchenapparat fühlt, dessen Teil er war und ist. Machtlos in einem Apparat, der sich auch heute wieder an einigen Stellen panzert und wappnet, und der auch heute wieder Menschen einschüchtern und zum Schweigen bringen will. Der keinen Schritt weicht und gerade deswegen von innen heraus implodiert – bei aller äußeren männerkirchlichen Prachtentfaltung.

Der Münchner Kardinal schreibt von den verharrenden Kräften, „die die Mitschuld der Institution nicht wahrhaben wollen und deshalb jedem Reform- und Erneuerungsdialog … ablehnend gegenüberstehen.“ Hier ist die eigentliche Gefahr des Endpunkts, des toten Punkts klar benannt.

Kardinal Marx selbst sieht sich keinesfalls frei von Schuld, als Teil eines Systems. Er schreibt dem Papst aber auch ausdrücklich von persönlicher Schuld – und zieht die Konsequenzen. Dabei benennt er das eigentliche Problem präzise: das selbstgerechte Machtsystem Kirche, das Gnade und Barmherzigkeit nur gegenüber den eigenen Funktionsträgern kannte. „Das Übersehen und Missachten der Opfer ist sicher unsere größte Schuld in der Vergangenheit gewesen“, formuliert der Kardinal. Keine Präventionsschulung kann greifen, so insinuiert der Kardinal, wenn das hierarchische System der Männerkirche Veränderungen weiter verhindert und der urchristliche Gedanke der Geschwisterlichkeit aller Menschen, der gleichen Würde und gleichen Rechte aller Getauften und Gefirmten weiterhin verketzert wird: Cancel culture als Kanzel-Kultur! – Manche Frauenbundfrauen können von solchen Versuchen der Einschüchterung „von der Kanzel“ ein Lied singen. Doch wir wissen: Wenn wir nicht wollen, dass die Kirche auf einen Endpunkt als katholische Sekte zusteuert, dann können wir nicht länger schweigend zusehen.

Wir, die Frauen des Frauenbunds, schweigen schon lange nicht mehr. Frauenstimmen sind klar vernehmbar! In der Tradition unserer Gründungsmütter bringen wir uns ein, stellen wir uns hin, setzen uns aus – weil es unsere Hoffnung ist, dass der „tote Punkt“, den Kardinal Marx beschreibt, zum „Wendepunkt“ werden kann: Das ist der Auftrag des Evangeliums, dafür stehen die Frauen des Frauenbundes, seit mehr als 100 Jahren und auch und gerade: heute! Ermutigen Sie doch andere Frauen, laden Sie sie ein, den Frauenbund kennenzulernen, in den Frauenbund einzutreten, um etwas zu verändern, um gemeinsam die Sache des Evangeliums, der Geschwisterlichkeit zu stärken, gerade: heute