Seit einigen Wochen begleite ich den ehemaligen Pfarrer meiner Heimat-Kirchengemeinde sehr intensiv. Nach einem Sturz war er einige Zeit im Krankenhaus, mittlerweile haben wir ein Pflegeheim für ihn gefunden. Er ist fast 90 Jahre alt, gebrechlich, hört schlecht und so Manches hat er vergessen oder bringt es durcheinander. Aber das ist nun mal so in diesem Alter. Was allerdings seine Beerdigung angeht, weiß er ganz genau was er will. Sein Grab hat er bereits reservieren lassen, den Namen des Wunsch-Organisten hat er aufgeschrieben, in welcher Kirche das Requiem gefeiert werden, und an welchem Ort der Leichenschmaus stattfinden soll, ebenso. Auch diejenigen, von denen er sich eine Rede wünscht, stehen auf einer Liste. Das Wichtigste aber ist für ihn etwas ganz anderes. Er wiederholt es fast Mantra artig jedes Mal, wenn ich ihn besuche: „Ich will nicht von einem Priester beerdigt werden. Ich möchte, dass eine Frau die Trauerfeier leitet. Die Frauen machen das so gut.“

Dieser Pfarrer ist vor über 60 Jahren zum Priester geweiht worden. Er ist damals Priester geworden, um in der katholischen Kirche etwas zu verändern. Zeit seines Lebens hat er deshalb gegen bestehende Strukturen und den Klerikalismus gekämpft; dafür, dass der Zölibat abgeschafft wird und dass Frauen Priesterinnen werden dürfen. Noch im Ruhestand hat er mit über 80 Jahren auf seiner alten Schreibmaschine ein Buch geschrieben. Und akribisch widerlegt, weshalb es theologischer Unsinn sei, dass katholische Christen, die ein zweites Mal heiraten, vom Abendmahl ausgeschlossen sind. Er hat sein Leben lang gestritten, Protestbriefe geschrieben und sich mit Bischöfen angelegt. Post, die aus dem Ordinariat zurückkam, hat er meist im Papierkorb verschwinden lassen.

Gleichzeitig hat er in seiner eigenen Gemeinde schon sehr bald dafür gesorgt, dass Frauen weit mehr durften als Kuchen backen fürs Gemeindefest oder die Kirche mit Blumen zu schmücken. Ich kann nicht genau sagen, ab wann Frauen in seiner Kirche am Altar gestanden sind und Wort-Gottes-Feiern gehalten haben. Aber die Tatsache, dass sie dort schon immer präsent waren, hat mein Bild von Kirche geprägt. Ihn selbst habe ich oft erlebt, wie er als ganz gewöhnliches Gemeindemitglied am Sonntag in der Kirchenbank gesessen ist. Und begeistert war, mit „wieviel Herzblut und Kompetenz“ Frauen vorne im Altarraum gestanden sind, so hat er es immer formuliert. Und selbstverständlich hat er sich von ihnen die Kommunion geben lassen.

Als Zeugin der Auferstehung war Maria Magdalena für ihn immer eine ganz wichtige Person. Er hat sie oft angeführt wenn er forderte, dass Frauen in der Kirche eine entscheidende Rolle spielen müssen.

Sein letzter Wunsch und Wille ist deshalb jetzt eigentlich nur logisch und konsequent; es soll eine Frau sein, die ihn beerdigt. Trotzdem berührt mich das sehr, wenn ein Priester das mit solcher Überzeugung einfordert. Und wenn das zum letzten Zeichen werden soll, das er setzen möchte. Ich habe ihm versichert, dass alles so sein wird, wie er es sich wünscht.