Wie sehr wünschte ich, dieses Thema hätte sich erledigt! Und Manja Seelen benennt ja hier im Frauenbundblog sehr klar die entscheidenden Denkanstöße, die sich aus dem Kölner (Zweit-)Gutachten ergeben! Gerade deshalb kann ich nicht begreifen, warum nach solchen Manifestationen kirchlichen Machtmissbrauchs auch weiterhin echte Reformen verweigert werden.

„Brüder im Nebel“ – unter diesem zynisch-verharmlosenden Titel wurde bekanntlich eine Akte im Erzbistum Köln geführt, die laut dem neuen Gutachten „geheimhaltungsbedürftige Unterlagen“ versammelte. Die mutmaßlichen klerikalen Täter wurden hier – wie in anderen Bistümern – buchstäblich in Watte gepackt, sie brauchten Konsequenzen nicht wirklich zu fürchten. Die mutmaßlichen Missbrauchstäter im kirchlichen Raum hingegen, die nicht durch den Priesterstand geschützt waren, wurden zügig sanktioniert. Allein dieses verhängnisvolle, verheerende Messen mit zweierlei Maß ist ein Skandal: Priester als Täter konnten sich sicher fühlen, wurden im Einzelfall auch finanziell unterstützt, wenn es zu Gerichtsverfahren kam, und vor allem konnten sie erschreckend häufig andernorts weitermachen mit ihren für die Opfer lebenslang schädigenden Taten. Ja, die vermeintlichen Gottesmänner wurden äußerst fürsorglich behandelt, in Watte gepackt, für sie wurden Nebelkerzen geworfen im System Meisner, vermutlich fast überall im System der katholischen Männerhierarchie. Die Fürsorge für die Opfer war in diesen Männerbünden nicht vorgesehen, es gab sie schlichtweg nicht. Die kirchliche Fürsorge galt den Tätern, die eifrig an Märtyrer-Legenden in eigener Sache strickten und oft genug von höchster Stelle reingewaschen wurden. So verglich Kardinal Meisner den überführten Vielfach-Täter Kardinal Groër mit Simon von Cyrene, der auf dem Weg nach Golgatha das Kreuz Jesu trug. Ein verstörender Vergleich, der noch heute den Atem nimmt und damals die Opfer des Wiener Kardinals erneut ins Dunkel stoßen musste. Die Nebelmaschinen liefen auf Hochtouren, und die Täter wurden zu Opfern stilisiert. Diese infame Täter-Opfer- Umkehr funktioniert – leider bis heute!

Umso wichtiger sind echte Reformen: Doch als ob nichts gewesen wäre, versucht der heutige Kölner Kardinal im Schulterschluss mit anderen reformfeindlichen Kräften den Synodalen Erneuerungsweg zu diffamieren und alle Reformen zu verhindern, die zu Transparenz, Teilhabe, Gleichberechtigung, gar Gewaltenteilung führen könnten! So steht zu befürchten, dass die Versuche der Prävention im Letzten unwirksam bleiben, weil es keine strukturellen Änderungen gibt.

Umso mehr verdienen die Priester und Bischöfe unseren Respekt, die sich nicht wieder einreihen in die machtvolle Front der Reformgegner. Machtvoll deshalb, weil bei Bedarf Rom zur Hilfe gerufen wird, wenn man (argumentativ) nicht weiter weiß: Und das System funktioniert, wie es zuletzt beim ausdrücklichen römischen Nein zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare augenfällig wurde. „Roma locuta – causa finita“? Für viele stellt sich mittlerweile eher die Frage, ob sich „Rom“ nicht auf diese Weise selbst desavouiert: Roma locuta, Roma finita? Doch die Reihen der beharrenden Kräfte scheinen fest geschlossen, neue Opferlegenden machen die Runde.

Gleichzeitig stehen nachdenkliche Bischöfe auf, obwohl sie in diesem hermetischen System groß geworden sind, sie suchen bewusst das Gespräch – und Wege zu echter Erneuerung! Dass immer mehr Amtsträger es wagen, ihre Stimme gegen die starken Beharrungskräfte zu erheben, ist Grund zur Hoffnung und verdient unseren Respekt.

Brüder im Nebel und Täter in Watte – Verharmlosung der Taten und Schutz der Täter: beides ist so beunruhigend wie beschämend. Die Zeit zum Handeln ist jetzt!