Meine Tante hat mich neulich gebeten, ihr eine Duschhaube zu besorgen. Sie lebt in einem Pflegeheim. Manchmal, wenn der einzige Duschtag in der Woche ist, mag sie nicht gleichzeitig ihre Haare neu richten. Dann hilft so eine Duschhaube vortrefflich, die Wassermassen abzuhalten.

Ich muss schmunzeln, weil mir dieses Bild gefällt. Wann immer wir mit allen Wassern gewaschen werden, können wir nach einem guten Schutz suchen. Und ich empfinde, gerade werden wir mit vielen Wassern gewaschen. Das prägt für mich diesen Sommer 2022.

Eigentlich lädt das warme Wetter ein, die wiedergekehrte Freiheit zu genießen. Und in unserer Familie ist es tatsächlich so, dass der Sommertrubel zurückgekehrt ist. Zwei Jahre lang war wegen Corona vieles abgesagt an Festen, Treffen und Ausflügen aller Art. Nun „steppt der Bär“ wieder. Manche fröhliche Begegnung kann ich genießen. Anderes ist mir zu viel. Ich bin nicht mehr geübt darin, auf so vielen Hochzeiten zu tanzen.

Aber es gibt daneben eine zweite Wirklichkeit dieses Sommers, so empfinde ich es. Über ihm liegt eine große Last. Der Ukraine-Krieg hat so vieles verändert. Unsicherheit liegt in der Luft. Wo führt alles hin? Wie kommen wir da wieder heraus?

Für die Menschen in der Ukraine ist eine Welt zusammengebrochen. Und auch für uns gilt das. Wie könnten wir uns je daran gewöhnen, dass ein Diktator ein friedliches Land überfällt, dass seine Herrschsucht Tausende Menschen sterben lässt, Millionen Menschen obdachlos macht und in die Flucht treibt, viele weitere Millionen Menschen hungern lässt? Was ist sein nächster, unkalkulierbarer Schritt? Niemand weiß es. Keine Vernunft bekommt Einfluss auf dieses Machtstreben, in dessen Strudel auch wir längst geraten sind. Mit Sorge blicken wir auf die Gaslieferungen aus Russland, die Ende Juli versiegen könnten. Dann brechen bei uns Zeiten an, die wir uns noch nicht vorstellen können.

Mich schlaucht diese Unsicherheit. Zugleich möchte ich nicht, dass sie mich lähmt. Es hilft nichts, als Schritt um Schritt, Tag um Tag die Herausforderungen anzunehmen. Ich bin froh um alle Menschen, die gerade mit voller Kraft Verantwortung übernehmen, das Gute suchen, immer nochmals Wege auftun, um Lösungen für alle Probleme zu finden. In der Politik, in der Wirtschaft, in meiner unmittelbaren Umgebung.

Mir macht das Mut, und es spornt mich an, die Zuversicht nicht zu verlernen. Zwischen den Sommerfesten, die ich mir wirklich gönnen möchte nach allen Strapazen, und den Sorgen um die Zukunft nehme ich das Bild der Duschhaube in mein Herz hinein. Jesus hat vor 2000 Jahren viele sprechende Bilder gefunden, um Menschen zu trösten. Da darf ich heute auch kreativ sein, so meine ich. Die Duschhaube erinnert mich: Wir sind behütet, was auch kommt. Was für eine wichtige Botschaft in diese Zeit hinein! Und ich überlege, wie es uns als Kirche gelingen könnte, trotz aller Krise das weiterzugeben: dass kein Mensch je un-behütet ist.