Gerade ist Gartenwetter. Überall um uns herum werkeln Menschen an ihren Blumenbeeten und Hecken. Wohlweislich hat unser Ministerpräsident Kretschmann zu keinem Zeitpunkt überlegt, die Gartencenter und Baumärkte zu schließen. Die Schwaben um die Pflege ihrer heiligen Gärtle zu bringen, hätte wohl eine kollektive Depression ausgelöst. So aber sind alle, die einen Garten haben, gut beschäftigt und stellen ansonsten keinen Unsinn an. Ich vermute sowieso, es wird nie mehr einen Sommer geben, in dem die Gärten so schön gepflegt sind wie in diesem Corona-Jahr…

Auch im Garten Schmidt standen in den letzten Wochen einige Gartenprojekte an. Eines davon war sehr überschaubar, aber nicht minder wichtig: das Installieren eines neuen Vogelhäuschens. Unser Sohn hatte es ursprünglich unter der Regie einer engagierten Lehrerin in der 3. Klasse im Werkunterricht hergestellt. Nicht immer nur stricken lernen, sondern auch mal hämmern – unserem Sohn gefiel das gut.

Seitdem dümpelte das Häuschen in unserer Werkstatt herum. Es fehlte noch ein Schutzanstrich, damit der Regen nicht das Holz verfaulen lässt. So verging die Zeit.

Doch Coronazeiten sind anders und heben plötzlich solche Schätze. Beherzt nahm sich mein Mann das Projekt vor. Es gab noch Farbreste von Rot und Grün. Eine wahrlich schicke Farbkombination für ein Vogelhäuschen! Noch schnell Dachpappe draufgenagelt und dann gleich im Garten auf einen Pfahl geschraubt – fertig.

Jetzt ist es nicht so, dass Vögel im April dringend Futter von Menschenhand brauchen. Aber ein neuinstalliertes Vogelhaus ohne Futter ist auch schade. Also puhlte mein Mann die restlichen Weihnachts-Walnüsse aus und legte schnabelgerechte Stücke in das Häuschen. Ein Leckerbissen! Dann warteten wir.

Um es kurz zu machen: Bis heute haben wir noch keinen Vogel dort gesichtet. Die Vögel sitzen auf dem Zaun, auf der Wiese, auf der Schaukel… aber keiner scheint zu sehen, welches Paradies im Vogelhäuschen wartet. Wie dumm von denen!

Und doch überlege ich, ob es uns Menschen auch so gehen kann: Da ist vor der Nase ein Leckerbissen, eine Oase, eine besondere Freude, aber wir sehen sie nicht. Weil wir uns nur an den gewohnten Orten aufhalten und den Blick nicht schweifen lassen. Weil wir nicht mit dem Wunderbaren rechnen.

Vielleicht ist das ein Hinweis, der in die Coronazeit passt: Augen auf für das Schöne vor der Nase!