Heute ist der 10. Dezember. Na und?

10. Dezember…. 10 Dezember… war da was? Da ist was!

Im Jahr 2020 feiern Jüdinnen und Juden Chanukka – am 10. Dezember. Acht Tage lang.

Ein Fest der Lichter. Genauer: der acht Lichter. Sie erinnern an das Öl-Licht-Wunder, das sich im wieder errichteten Tempel im jüdischen Jahr 3597 (164 v. Chr.) zugetragen haben soll. Durch die Herrschaft der Seleukiden wurde der Tempel entweiht, auf einem Zeus-Altar wurde mitten im jüdischen Heiligtum der oberste griechische Gott verehrt. Durch Aufstand und Krieg herrschte Mangel – so großer Mangel, dass nicht mal mehr ausreichend geweihtes Öl da war, um die Flamme der Menora am Brennen zu halten. Doch dann – ein Wunder! – brannte ein Krug Öl acht Tage lang – so lang, bis neues geweihtes Öl hergestellt war. Die Menschen erkannten: auf dem Neuanfang liegt Segen. Gott begleitet uns. Die Wunden sollen verheilen, die Menschen brauchen einen heiligen Ort um neu anfangen zu können.

Als Christin über Chanukka schreiben – darf ich das? Ich tue es, weil ich finde, dass wir als Christ*innen noch lange nicht am Ende sind mit der ehrlichen und schonungslosen Aufarbeitung unserer eigenen antisemitischen Geschichte. Ja – Antisemitismus, das waren nicht nur „die Nazis“. Als christliche Theologin fühle ich mich verantwortlich, dass die unheilvollen Traditionsstränge, die christliche Theolog*innen gelegt haben, ans Licht kommen und überwunden werden.

Aber was hat das mit Chanukka zu tun?

Sie kennen sicher das Gleichnis von den törichten und klugen Jungfrauen, die mit ihren Öl-Lampen auf den Bräutigam warten (Mt 25,1ff). Jesus erzählt es um zu sagen: Ihr wisst nicht, wann das Reich Gottes da ist! Ihr wisst nicht, wann der Messias (wieder)kommt! Seid wachsam! Doch was hat christliche Verkündigung daraus gemacht? Etliche Portale an Kathedralen zeugen von der unheilvollen Auslegung dieses Gleichnisses: die klugen Jungfrauen – das sind die Christen. Die törichten, denen das Öl ausgegangen ist, noch bevor der Bräutigam kommt – das sind die Juden. Schrecklich symbolisiert wird diese antisemitische und unerträglich selbstgerechte Auslegung in der blinden und gebrochenen Symbol-Figur „Synagoga“ auf der Seite der törichten Jungfrauen. Wie perfide, diese zu Stein gewordene Symbolsprache „christlicher“ Verkündigung! Ohne jeden Anlass in der Verkündigung Jesu. Ohne Kenntnis oder Respekt vor dem jüdischen Glauben, der gerade darin stark ist, auf Gottes Gerechtigkeit sehnsüchtig und ausdauernd zu warten.

Ich finde: wir sollten uns dringend an die eigene Nase fassen: ist in unserer christlichen Tradition das Warten, die Sehnsucht nach dem Reich Gottes, die der Jude Jesus in uns wecken wollte, so präsent, wie die Messias-Hoffnung bei den Jüdinnen und Juden?

Vielleicht helfen ja die vielen Lichter, die an Chanukka und an Weihnachten angezündet werden, um uns die Augen zu öffnen: füreinander. Nicht gegeneinander. Und hoffentlich geben sie uns Ausdauer, das heilige Licht der Zivilcourage, der Achtung, der Sehnsucht nach Gottes Gerechtigkeit für alle Menschen in uns am Brennen zu halten!

https://www.juedisch-beziehungsweise-christlich.de/chanukka-beziehungsweise-weihnachten/